Unternehmenswandel
Managementkonzepte sowie die zugrunde liegenden Werte, Normen und Einstellungen haben sich in den vergangenen mehr als hundert Jahren in den Unternehmen deutlich verändert. Diese Veränderungen betrafen den Produktionsprozess, die Struktur der Unternehmen, die Situation des Marktes ebenso wie die der Gesellschaft, den technischen Entwicklungsstand ebenso wie den wissenschaftlichen Fortschritt.
Am Ende dieser Entwicklung hat das „Ökosystem“ als die Wirtschaft begrenzender und zu schützender Umweltraum in den vergangenen ca. 50 Jahren Eingang in die Managementprinzipien gefunden. Ausgehend von der Verantwortung für die Produktqualität, über die Kundenorientierung und die Wertschätzung sowie Potenzialentwicklung der Mitarbeiter*innen, über den Aufbau auf Partnerschaft beruhender (globaler und lokaler) Wertschöpfungsketten wurde die Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt schließlich Bestandteil aller heutigen Managementkonzepte.
Viele Unternehmen haben bereits Veränderungen zur Unternehmensmodernisierung eingeleitet oder sie sind dabei, diese in Angriff nehmen. Der derzeit durch die Krisensituation beflügelte wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Aufbruch auf nationaler und vor allem auf europäischer Ebene wird den nötigen Nachdruck für entsprechende Veränderungsprozesse erzeugen, bei denen neben der Digitalisierung vor allem die Dekarbonisierung der Produktionsketten zur Verhinderung eines drohenden Klimakollaps von Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Programm stehen.
Solche weitreichenden Veränderungen, strategische Wendepunkte, erfordern mehr als nur eine Strategieanpassung in einem Unternehmen. Die Veränderung muss zwar von den Führungskräften ausgehen, kann aber nur mit allen Mitarbeiter*ìnnen gemeinsam gelingen. Es sind aber nicht nur die Mitarbeiter*innen, die Veränderungen oft nicht wollen. Auch viele Führungskräfte erkennen nicht, wann Veränderungen notwendig sind. Sie schieben solche Entscheidungen vor sich her. Erst wenn die Krisensignale für das Unternehmen stark genug sind, wird der Wandel angestoßen. Die Krise engt den Handlungsspielraum dann aber stark ein. Es bliebe dann weniger Zeit für das Change-Management, für die soziale Innovation im Unternehmen.
Die Beharrungskräfte in einer Organisation sind meist sehr stark. Die Geschäftsleitung und das Management können Veränderungen im Unternehmen nicht einfach anordnen und durchsetzen. Denn Veränderungen provozieren Verunsicherung und Ängste in der Belegschaft.
Ein Unternehmenswandel (Change-Management) wird auch dann misslingen, wenn die Mitarbeiter*innen erkennen, dass das Topmanagement es gar nicht ernst meint und sein Verhalten nicht zum propagierten Wandel passt. Die Topmanager sind dann unglaubwürdig – und damit auch das Change-Projekt. Letztlich ist das Change-Projekt erst dann erfolgreich, wenn es in der Unternehmenskultur verankert ist. Die Werte, die Strukturen und die Symbole, die eine bestehende Unternehmenskultur ausdrücken, müssen sich so verändern, dass sie zu dem, was verändert wird, auch passen.
Erwartungen, Ängste, Einschätzungen
Die meisten Menschen leben heute in einem noch nie da gewesenen materiellen Wohlstand. Keine Generation vor uns besaß so viele materielle Güter wie wir. Dies war und ist das Ergebnis der „Industriellen Revolution“, beruhend auf fossilen Energien, die bis heute ein globalisiertes Wertschöpfungsnetzwerk hervorgebracht hat, durch das die Menschen immer schneller, besser und vor allem billiger mit Gütern und Dienstleistungen versorgt werden.
Trotz einer in vielen Ländern auf dem Vorsorgeprinzip beruhenden Umweltschutz-gesetzgebung, mit der im Einzelfall die Schädigungen von Luft und Boden, der Gewässer und der Gesundheit begrenzt werden konnten, wurden die rasant zunehmenden globalen Umweltschäden nicht verhindert, die zum Insekten- bzw. Artensterben, zur Vermüllung der Ozeane mit Plastik, zur Bioakkumulation von Mikroplastik und infolge eines auf fossilen Energieträgern basierenden stetigen Wirtschaftswachstums letztlich zum vom Menschen gemachten Klimawandel geführt haben. Die kürzlich hereingebrochene Flutkatastrophe im Westen unseres Landes aber auch die Feuersbrünste iim Mittelmeerraum lassen uns erahnen, dass uns in Zukunft noch viele „Unbequemlichkeiten“ dauerhaft erwarten.
Seit einiger Zeit befinden wir uns in der „Digitalen Revolution“, die sich aus den Erfindungen zum Ersatz geistiger, menschlicher Leistungen durch informations-verarbeitende Maschinen ergab und die sich mit der Entwicklung maschineller (künstlicher) Intelligenz dynamisch weiterentwickelt.
Wird diese Entwicklung zu einer humanen und umweltfreundlichen Produktion führen oder wird die digitalisierte Produktion den Arbeitsdruck erhöhen und auch schneller zur Umwelt- und Klimakatastrophe führen? Werden die bestehenden Unternehmen und die von diesen getragenen Arbeitsplätze bestehen bleiben oder in zukunftsfähige gewandelt oder gar ganz verschwinden?
Risiken und Chancen
Die aktuelle Bedrohung durch das Corona-Virus stellt derzeit die Art und Weise wie wir leben und arbeiten, produzieren und konsumieren auf eine harte Probe. Könnte es zudem so sein, dass wir zukünftig mit weiteren Pandemien rechnen müssen?
Der sechste IPCC-Sachstandsbericht (https://www.de-ipcc.de/250.php) zu den naturwissen-schaftlichen Grundlagen des Klimawandels zeigt unmissverständlich auf, das die klimatischen Bedingungen auf der Erde umso lebensfeindlicher werden, je länger wir mit energischen Schritten zu dessen Eindämmung warten.
Die Globalisierung kennzeichnet seit längerer Zeit die Zunahme internationaler Verflechtungen und Konkurrenzen in allen gesellschaftlichen Bereichen wie Wirtschaft, Finanzen und Industrie, Politik, Kultur und Kommunikation/Medien sowie die sie begleitenden weltweiten Auswirkungen auf Umwelt und Klima. Sie betrifft nicht nur Staaten und Unternehmen bzw. Organisationen, sondern sie erfasst immer mehr auch die Individuen. Besonders einschneidende, und teilweise „disruptive“ Veränderungen in der Arbeitswelt und im Alltag der Menschen gingen und gehen dabei vom internationalen Kapitalverkehr und von globalen industriellen Zulieferketten aus, und sie werden durch die aktuelle Digitalisierung aller Wirtschaft- und Gesellschaftsbereiche sowie des Freizeitbereichs zukünftig eher noch zunehmen.
Zusätzliche globale Problemstellungen ergeben sich infolge der zunehmenden Migrationswellen aus Gründen von kriegerischen Auseinandersetzungen und/oder aus extrem wirtschaftlich-sozialer Ungleichheit in den verschiedenen Weltregionen. In einigen Regionen dieser Welt finden gegensätzliche demografische Wandel statt. In vielen Industrieregionen führt dieser zu einer Überalterung der Bevölkerung wohingegen in einigen weniger entwickelten Regionen ein starkes Bevölkerungswachstum stattfindet, was dann auf der einen Seite zu einem Arbeitskräftemangel und auf der anderen Seite zu einem eklatanten Arbeitsplatzmangel führt.
Die derzeitige Coronakrise wirkt in vielen Organisationen und Unternehmen als massiver Beschleuniger der Digitalisierung der Arbeit. Ein Umdenken hinsichtlich des Einsatzes von Technik, der Umgestaltung von Arbeitsprozessen, aber auch hinsichtlich eines bewussteren und rücksichtsvolleren Umgangs mit den eingesetzten Ressourcen, mit Mensch und Umwelt hat eingesetzt.
Die Flutkatastrophe hier bei uns und in vielen anderen Teilen unserer Erde sowie die Feuersbrünste, vor denen wir auch hier bei uns nicht sicher sein können, zeigen uns die Fragilität unseres zukünftigen Daseins auf. Frühere Gewohnheiten müssen hinterfragt werden, wir werden uns auf neue „Gewohnheiten“ einlassen müssen..
Ein neuer Blick auf das Bestehende, Mut für neue Ideen und Konzepte werden uns unsere Zukunftschancen erkennen und mutig in Angriff nehmen lassen.
Neues Leitbild für Unternehmen und Individuen?
Viele Unternehmen haben sich ein Unternehmensleitbild gegeben. Ein Unternehmens-leitbild beschreibt das Selbstverständnis und die Grundprinzipien eines Unternehmens. Das Leitbild wird schriftlich fixiert und richtet sich an die Mitarbeiter*innen, Kunden und an die Öffentlichkeit. Es gibt Antworten auf die Fragen:
• Wofür stehen wir? (Vision/Selbstverständnis)
• Was wollen wir erreichen? (Mission/Ziele)
• Wie wollen wir es erreichen? (Grundprinzipien/Strategie)
Jetzt ist die Zeit, ein solches Leitbild an die absehbaren zukünftigen Entwicklungen anzupassen oder gar einen Paradigmenwechsel vorzunehmen. Auf jeden Fall sollten Veränderungsprozesse eingeleitet werden, die das Unternehmen „zukunftsfest“ machen.
Jeder einzelne Mensch wird sich in unserer „Arbeitsgesellschaft“ darauf einstellen müssen, dass es „nicht mehr so weitergehen kann wie bisher“. Die anstehenden Änderungen im industriellen System werden auch gesellschaftliche Veränderungen hervorrufen, die das Verhalten eines jeden Individuums maßgeblich verändern werden. Das Prinzip der Nachhaltigkeit wird zukünftig nicht nur die Unternehmenskonzepte neu ausrichten, sondern auch die Ziele und Inhalte der Arbeitswelt sowie des Konsumverhaltens, denen sich die Menschen anpassen müssen.
Unternehmensoptimierung - Prozessoptimierung
Naheliegend ist für die meisten Unternehmen zunächst die Erhöhung der Unter-nehmensfitness insgesamt, auf der Ebene des Gesamtunternehmens, einer Abteilung oder eines Teams, um den Herausforderungen zu begegnen.
Man beginnt zumeist mit einer Phase der Selbsterkenntnis sowie der eigenen Standortbestimmung in Form einer Bestands-Analyse. Wenn der Ausgangspunkt festgelegt ist, werden durch Befragungen, Gespräche, Analysen und viele Experten-gespräche die als relevant erkannten Ziele zum Soll-Konzept erklärt. Zudem werden Wege und Verantwortlichkeiten zur Zielerreichung sowie geeignete Meilensteine zur Fortschrittskontrolle festgelegt. Unter anderem sollte man sich Fragen stellen wie sie üblicherweise von Unternehmensberatern und -beraterinnen vorgeschlagen werden:
Öko-sozialer Unternehmenswandel
in Krisenzeiten
Das Umfeld, in dem sich Unternehmen derzeit bewegen müssen, befindet sich in einer krisenhaften Veränderung infolge der Pandemie und des Klimawandels. Von den Unternehmen werden Entscheidungen und schnelle Reaktionen erwartet, um die Krisenzeit zu überdauern und möglichst gestärkt daraus hervorzugehen. Wenn keine Strategie vorhanden ist, könnte das Unternehmen in Situationen geraten, in denen es nur noch reagieren kann.
Spätestens jetzt sollten ein zukunfts-orientiertes Leitbild und eine Strategie entwickelt oder das bestehende Leitbild und die Strategie an die zukünftigen Anforderungen angepasst werden, um den erforderlichen Wandel partnerschaftlich gestalten zu können
LEON
Lernen und Entwicklung in Organisationen und Netzwerken
Handlungsleitende Prinzipien
für einen partnerschaftlich gestalteten modernen Wandel
Gemeinwohl-Ansatz und Geschlechter-Gerechtigkeit
Betonung einer Entwicklung von Unter-nehmen und von Organisationen zur Wahrnehmung und Verwirklichung von auf das Gemeinwohl ausgerichteten Interessen sowie für die Herstellung einer Chancen- und Teilhabe-Gleichheit zwischen den Geschlechtern.
Beteiligungsorientierter Ansatz
Die Organisation als aktiven Partner wahrnehmen - die Verantwortungsfähigkeit der Organisationsmitglieder kann nur erreicht werden, wenn diese alle an den erforderlichen Entwicklungsprozessen beteiligt sind. Dabei geht es um die Befähigung zur Selbstorganisation sowohl der Gruppen als Ganzes als auch aller Gruppenmitglieder individuell ebenso wie um die Potenzialnutzung aller Organi-sationsmitglieder auf allen Organisations-ebenen.
Integrierter Handlungsansatz
Alle Handlungsaktivitäten aus einem Guss - Verzahnung von Qualifizierung und Bera-tung, Moderation, Begleitung, Führung, Lerntransfer und Evaluation im gesamten Wandlungsprozess der Organisation unter Mitwirkung aller Organisationsmitglieder.
Ganzheitlicher Ansatz
Die Organisation bzw. das Unternehmen als Lernende Organisation sehen - Verbindung von individuellen mit organisationalen Lernprozessen, d.h. es muss aus den individuellen Lernprozessen ein Transfer in die Wissensbasis der Organisation statt-finden. Organisationales Lernen muss also mehr sein als die Summe individuellen Lernens.
Nachhaltiger Ansatz - Umwelt und Gesellschaft
Herbeiführung dauerhafter Lösungen und Konzepte sowie „Autonomie“ als Ziel des Entwicklungsprozesses - Befähigung der Organisation zur autonomen Mobilisierung eigener Veränderungspotenziale, Schaf-fung einer relativen Unabhängigkeit von externen Expert*innen. Dauerhafte gesell-schaftliche Lösungen kann es darüber hinaus nur in einer intakten Umwelt und Natur geben. Deshalb müssen Organi-sationen einen Beitrag zum Erhalt der Natur und der Biodiversität sowie zum Umwelt- und Klimaschutz leisten.
Community Ansatz
Synergien erzeugen durch Kooperation - neue Strukturen erwachsen aus der Wahrnehmung von interner und externer Kooperation, mit anderen Gruppen am selben Ort bzw. in der Region, mit ähnlichen Zielen oder mit anderen unter-stützenden Ansätzen.
Zusammen mit Kooperationspartnern wird der Veränderungsprozess als ein offener, gemeinsamer Lernprozess begriffen und umgesetzt, der den oben aufgeführten handlungsleitenden Prinzipien verpflichtet ist. Insofern steht Lernen zusammen mit den handlungsleitenden Prinzipien als individuell als auch organisational bedeut-samer Leitbegriff im Vordergrund. Zusammengefasst werden alle diese Prinzipien und Ansätze mit dem Leitbild „Lernende Organisation“, das für LEON eine zentrale Stellung einnimmt.
Lernende Organisation
Der Lernprozess verläuft dabei auf zwei miteinander verknüpften Ebenen – auf einer strategischen bzw. strukturellen sowie auf einer operationellen, lernziel-orientierten Ebene.
Die „Lernende Organisation“ ist die sowohl strukturelle als auch die strategische Voraussetzung dafür, dass die Organi-sationsziele auch bei tiefgreifenden Veränderungen des Organisationsumfeldes auf der operationellen Ebene immer wirkungsvoll erreicht werden können.
LEON möchte Gruppen, Unternehmen, NGOs u.a. ermutigen, einen solchen Wandel zu wagen - unterstützt durch Kooperationspartner in einer Entwicklungs-partnerschaft, die den Veränderungs-prozess durch Beraten, Moderieren und Vernetzen begleiten. Ziel ist der Bewusst-seinswandel der gesamten Organisation mit allen ihren Mitgliedern auf allen Ebenen. Erfolgskriterien sind dabei Training und Coaching von „Change Agents“, „Multiplikator*innen“, „Champions“ in den Organisationen als Treiber*innen des Leitbilds „Lernende Organisation“.
Wenn dies gelingt, einzelne Personen als treibende Kräfte für den Organisations-wandel zu motivieren und zu befähigen, dann wird jede „Lernende Organisation“ ein Stück weit selbst zum Bildungsträger, der die Innovationsfähigkeit aufrecht erhält durch die Integration von Lernen und Arbeiten mit Hilfe von internen Lern- und Innovationsberater*innen.
Öko-sozialer Wandel in der Arbeitswelt und im Konsum
Alles denkbar technisch Machbare und alles ökonomisch Gewinn Versprechende dürfen nicht länger alleiniger Antrieb und alleiniges Leitbild für Produktion und für Bedürf-nisweckung sein. Sowohl die Produktion als auch unsere Bedürfnisbefriedigung müssen eingegrenzt werden durch eine ökologisch verantwortbare Machbarkeit - durch eine neue „Produktverantwortung“.
Produktverantwortung beschreibt das Ziel, dass von Gütern und Dienstleistungen und durch deren Herstellungsprozesse sowie durch deren Nutzung und „Verbrauch“, verantwortet von Herstellern und Nutzern/Verbraucher*innen, keine schädlichen Auswirkungen auf Menschen sowie auf Natur und Umwelt ausgehen dürfen